Okay, los geht’s. Dieser Post wird versuchen der sehr komplizierte Gewerkschaftpolitik, das amerikanische Uni-System, die University of California im allgemeinen und Merced im speziellen, Geld, Macht, Weltanschauungung, und natuerlich Memes gerecht zu werden.
Zum Hintergrund: Es gibt (am Anfang) zwei Seiten. Auf der einen Seite die University of Califonia (UC) – 10 Campuse vertreten von zwei Verhandlungs-Spezies (Nadine, Level 9 bei Scientology und Peter, der in der Zoom-Verhandlung auch gerne mal Pornhub-Tabs noch offen hat). Auf der anderen Seite die Gewerkschaft (UAW mit 3 Bargaining Teams zusammengesetzt aus Postdocs (UAW 5810), Doktoranden in der Lehre (UAW 2865) und in der Forschung (UAW-SRU)). Die Bargaining Teams sind Freiwillige von jedem Campus, die manchmal auch bezahlt werden und von Hauptamtlichen Mitarbeitern unterstuetzt und angeleiten werden.
Was die UC will? Das ganze ohne Streik hinter sich bringen und moeglichst wenig Geld aufegebn (Gehalt auf 24k im Jahr oder so) und keine Zugestaendnisse machen. Das sind Profis die das schon seit 20 Jahren machen.
Was wir in der Gewerkschaft wollen? Unsere Miete bezahlen (=Gehalt 3x Monatsmiete=54k pro Jahr), Krankenversicherung fuer unsere Kinder, Kindergartenzuschuss von mehr als 1/2 Monat pro Jahr, Compromisse fuer Menschen mit Behinderung ohne Nachweise (zum Arzt gehen ist hier teuer), keine Extra-Studiengebuehren fuer Internationale Studierende, Jobticket.
Darueber wurde seit Januar 2022 verhandelt – hart erkaempft oeffentlich auf Zoom, fuer alle Gewerkschaftsmitglieder zum teilnehmen. Natuerlich hat das alles zu lange gedauert und so haben wir kraeftig organisiert, was uns im November die Urabstimmung ueber den Streik mit 36.000 Mitgliedern und 98% Ja gebracht hat. Das ist viel, aber in Anbetracht der Tatsache, das es immerhin eine ganze Menge obdachlose Studis oder Leute mit zehntausenden an Schulden gab, kein Wunder.
EIn Streik muss natuerlich auch gut organisiert sein, weshalb ich mich sofort in der Arbeitsgruppe Streik-Kommunikations engagiert habe. Ausserdem mussten 270 Picket-Signs getackert werden, ein Instagram-Account erstellt, Gruppenschats gebildet und eine Streik-Plan erstellt werden. Wo wird die Polizei sein, blockieren wir Strassen ja/nein, was machen wir wenn unser Gehalt getrichen wird, haben sich alle 1000 Leute in Merced fuer Strike Pay als Gehaltsersatz durch die Gewerkschaft angemeldet, woher kriegen wir essen uns wasser fuer die Demonstranten, brauchen wir Musik und Spiele, was machen wir wenn die Uni uns aus den Gebaueden rauswirft usw., usw.
So find der Streik mit einer ganzen Menge guter Laune an, jeden Abend gab es eine Update Email mit Fotos und Verhandlungsupdates und die Sonne schien noch bei schoenen 20 Grad. Wenn wir damals gewusst haetten was noch auf uns zukommt…
Waehrend ich mit hundert anderen Doktoranden morgens unsere Schilder und Sprueche hochgehalten und abends zusammengepackt und die taegliche Email geschrieben habe, sind am Verhandlungstisch ein paar krasse Sachen abgegangen.
Zuerst einmal gab es zwei Visionen warum ein Streik effektiv ist. A) Der Streik ist die Demonstration, da diese oeffentlichen Druck ausuebt. Je laenger er geht, desto weniger Leute machen mit und desto weniger Druck hat der Arbeitgeber. Es ist nicht effektiv, wenn nur wenige Leute streiken oder der Streik lang geht, weil der Arbeitgeber dann herausfindet, wie es auch ohne Arbeiter geht. Oder B) Der Streik ist die Verweigerung der Arbeit. Wir sind unersetzlich. Je laenger der Streik geht, desto mehr Schaden hat die Universitaet, da nicht unterrichtet wird, die Labore leer sind, nichts publiziert und keine Forschungsantraege geschrieben werden. Der Druck und die Effektivitaet steigt mit der Zeit, vor allem wenn es richtig Pruefungszeit geht, die ja zu 100% von uns geschmissen wird. Es ist egal wie viele Leute streiken, solange die Universitaet die Folgen spuert und kritische Bereiche stillliegen. Und dann noch der extra Punkt X) Wenn die Lehre in Solidaritaet mit den Forschenden streikt, ist das in Ordnung. Doktoranden mit Forschngsvertraegen sind in einer Zwickmuehle, weil ihre Vorgesetzen ihre Doktovaeter sind und die Forschung of mit dem Dissertationsthema ueberlappt. Da gab es natuerlich auch unterschiedliche Meinungen.
Nun muss man auch noch dazu sagen, das der Dachverband unsere Gewerkschaft krasse Korruptionsprobleme hat. So ziemlich die Haelfte der bisherigen Fuehrungsriege (alle nicht demokratisch gewaehlt sondern ernannt, erste Wahl ueberhaupt fand vor ein paar Monaten statt), sind grade im Gefaengnis. Je laenger der Streik dauert, desto mehr verliert die Gewerkschaft an Geld (weil ja $400 pro Woche pro Person Strike Pay). Und der Erfolg fuer die Karriere der Hauptamtlichen wird nicht daran gemessen, wie gut der neue Tarifvertrag ist, sondern wie fluessig alles ueber die Buehne gelaufen ist. Hauptamtliche verdienen ja sowieso 80k im Jahr, da spielt es keine Rolle, ob die armen Doktoranden 23k oder 54k im Jahr bekommen.
Als nach einer Woche noch kein UC Angebot auf dem Tisch lag, hat das Bargaining Team (BT) Panik bekommen (zumindest diejenigen die von Hauptamtlichen angeleitet wurden und an Vision A „Peak Power“ „The Picket is the Strike“ glauben). Das waren 10 Personen. Die andere Haelfte (mit 9 grade so in der Minderheit, viele von kleinen Campussen wie Merced, wo es keine Hauptamtlichen gibt), glaubt an Vision B „Strike to WIN“ „Long-Haul Strike“. Die meisten Aktivisten und ich glauben uebrigens auch an Vision B.
Was ist die Loesung dafuer, dass es am Verhandlungstisch stockt? Wir muessen einen Schritt auf unseren Arbeitgeber zugehen – eine Zugestaendniss machen und nicht abwarten. Ok – dann wurde nach harten Diskussionen die COLA – Cost of Living Adjustment Forderung gestrichen (BT10 ja, BT9 nein – lass abwarten). Unsere Gehaltsfordeungn ist jetzt nicht mehr an Durchschnitts-Wohnkosten gekoppelt – unsere Hauptforderung. Reaktion der MItglieder? Leute fangen an auf Zoom zu kritisieren. Reaktion von UC? Ok, wir gehen mal von 5% auf 7% Gehaltserhoehung hoch. Reaktion von BT9 (Merced ist hier dabei)? WTF?!?! Scheisse. Reaktion von BT10 und Hauptamtlichen? Okay, das hat so nicht funktioniert, lass nochmal probieren. Meine lieben Leser, ihr merkt, dass ich hier etwas zynisch werde. Das ist immerhin mein Arbeitsvertrag, um den es hier geht und der soll von Leuten entschieden werden, die selbst sehr viel mehr verdienen? (manche von BT10 sind von der Gewerkschaft als Organizer angestellt worden und verdienen all-in-all 100k pro Jahr, andere haben schon einen Vertrag als Stanford Postdoc in der Tasche oder sind fertig gepruefte Juristin, die sicher nicht an der Uni bleiben). Wie dem auch sei…
Zugestaendnis #2 oder auch Wednesday Night Massacre: Es ist Woche zwei des Streiks und ich beschwoere jeden abend um Mitternacht in der Campus-Email das wir durchhalten muessen. Nur einen Tag laenger als die Uni. Spaetestens in der Preufungsphase wenn niemand korrigiert und hunderttausend Studis in ganz Kalifornien keine Abschlussnoten bekommen, dann bekommen wir den Vertrag, der unsere Arbeit wertschaetzt. Am naechsten Morgen um halb 8 stehe ich schon wieder auf dem Campus um die Kaffeebar und die Strike Pay Infos aufzubauen. Waehrenddessen denken sich die Hauptamtlichen in Berkeley, San Francisco und LA was ganz Tolles aus. Wir streichen 11k von unserer Gehaltsforderung und auch dass Menschen mit Behinderung keine Medizinische Dokumentation brauchen. Natuerlich wird das vorher nicht angekuendigt, sondern geheim im BT Treffen abgestimmt, sonst koennte es ja zu viel negative Publicity geben.
Reaktion von UC? Ja, also es bleibt erstmal bei 7%, (wohlgemerkt, Inflation bei 9%). Reaktion BT9? Wow, also, das war schon heftig von euch BT10, uns einfach so zu ueberstimmen ohne uns vorher zu sagen, worum es ueberhaupt geht. Reaktion Mitglieder? Generelle Sprachlosigkeit, manche fangen an zu weinen. Reaktion BT10 und Hauptamtliche? Mhh, okay, MItglieder ignoriert, stattdessen neues Interview in der New York Times und dem Guardian, groesster Streik des Jahres, historische Gewinne, blah blah.
Wir Mitglieder sind jetzt richtig sauer. Wenn das so weiter geht, bleibt ja gar nix mehr uebrig! Es finden sich viele Leute, die sich ueber Chats vernetzen und die Arbeitsgruppe Mitgliederbefragung gruenden um dem BT10 objektiv und mit einwandfreier Wissenschaftlicher Grundlage mal gehoerig zu sagen, dass sie gefaelligst auf die MItglieder zu hoeren haben. Erste Stimmen fluestern, dass ein Nein bei der Vertragsabstimmung vielleicht gar nicht so schlecht ist und wir ein neues Bargaining Team brauchen, das nicht von Hauptamtlichen handverlesen wurde. Viele Memes (siehe Bilder) werde erstellt um die Emotionen zu verarbeiten.
Jetzt ist erst einmal Thanksgiving, sowas wie Herbstfereien und alle machen eine Woche Pause. Keine Verhandlungen, aber dafuer ganz viel Panik, denn niemand hat damit gerechnet, dass der Streik laenger als 3 Wochen geht, und nach Thanksgiving ist ja schon Woche 4 und Leute haben keine Lust mehr. Wir sind ja alle hier, weil wir Forschung und Unterrichten moegen, warum muessen wir jetzt politisch sein? Muessen wir aber, sonst koennen im naechsten Jahr nur noch Leute mit reichen Eltern promovieren.
UC war in Woche 4 damit beschaeftigt den Postdocs ein Angebot ueber 70k zu machen, ohne Betreuungszuschalg fuer Kinder, aber naja, das kostet ja nur 25k pro Jahr pro Kind, und ausserdem braucht man keine Kinder wenn man zwischen 28 und 35 ist. Postdocs hoeren auf mit streiken, Solidaritaet macht ja nur solange Sinn, wie es einen selbst nicht anstrengt.
Ich gebe ein Interview fuer ein Magazin in dem ich ganz tolle Sachen sage(Link zum Artikel), aber am Ende nur mit „meine Miete ist 20% gestiegen‘ zitiert werde. Naja, dank toller Recherche der Reporterin wissen wir Mitglieder jetzt aber auch, dass die Hauptamtlichen eine PR-Firma engagiert haben, die ganz toll repraesentiert. Und zwar Vision A) Der Streik hat keinen Effekt mehr. Waehrenddessen haben wir Streikenden ganz schoen zu kampfen, unsere Unis fallen naemlich auseinander, wir bekommen mega Druck von den Profs uns ‚jetzt mal zusammenzureissen‘ und die Experimente zu machen, sie brauchen Daten ganz ganz dringend und ‚ wie koennen wir nur die Studierenden im Stich lassen und nicht mehr korrigieren, es ist unsere Schuld wenn jetzt alle durchfallen‘. Wir an vordester Front merken, dass der Streik wirkt und der Druck auf UC steigt. Aber wie sagt man das der Mehrheit in BT10? Die Umfrage haben sie nicht rausgesendet – nicht represaentativ und nicht objektiv und generell warum konnte man da eigentlich nicht ankreuzen, welche Kaste man im Indischen System ist, das ist ja gar nicht inklusiv (kein Scherz echt, das hat BT10 uns wirklich ge-emailt, wahrscheinlich Hinhaltungstaktik, damit man nicht oeffentlich nein sagen muss).
Und so kommt es am Donnerstag dazu, dass Zugestaendnis #3 von BT10 gemacht wird. Von 43k auf 34k, kaum Kinderbetreuungszuschlag, das klappt jetzt bestimmt. Reaktion BT9? Was um alles in der Welt… Reaktion Mitglieder? Zoom Etikette gibt es nicht mehr, jetzt wird richtig rumgeschrieen, viele wollen mit Nein Abstimmen. Reaktion BT10? Okay, keine Diskussionsrunden mehr. Reaktion UC? erstmal nix …
Freitag Nacht um 5 vor Mitternacht, unsere Lieblingszeit, wir sind es schon gewoehnt, spontan Verhandlungen – BT10 und Hauptamtliche (Staffcore) denken jetzt kommt der Deal, das ist es, alles gut gemacht, Bonus sicher. Alle in Merced im Club: Soli-Party fuer den Streik, alle wissen heute kommt es. Und es kommt> das Gegenangebot UC: 7.5% fucking Prozent. Alle sind schockiert, Leute kaufen Ziegelsteine, es werden Plaene geschmiedet die Mensen zu ‚befreien‘ und den Kanzler in seine Villa zu besuchen (vielleicht auch BT10, die sind ja immerhin dran Schuld). Merceds Mitglieder des BT9 (der Minderheit) betrinken sich um die Wette, alle anderen Bruederschaft darauf unsere Promotion abzubrechen, Internationale Studierende verzweifeln, weil sie das nicht koennen ohne abgeschoben zu werden, aber Geld um ihn Kalifornien zu leben, haben sie auch nicht… Absolutes Drama.
Was macht BT10? Gute Frage. Die sind zum ersten Mal auch schockiert. Eigentlich wollten sie dem Angebot von heute abend ja zustimmen, damit noch genug Zeit bleibt vor der Pruefungsphase die Arbeit aufzuholen, aber der Deal ist so schlecht und die Mitgliederschaft so sauer, das der Tarifvertrag niemals ratifiziert werden wuerde. Und das ist schlecht, weil das ja nicht so gut aussieht und man will ja Gewerkschaftskarriere machen. Ausserdem ist der Deal so schlecht, das es vielleicht gar nicht mehr BT10 ist, sondern BT8 – und das ist keine Mehrheit mehr. Eine echte Zwickmuehle… Aber wie geht es jetzt weiter? Richtig! Zugestaendnis #4, aber diesmal hinter verschlossener Tuer, damit es nicht so stressig ist. Es ist auch nicht schoen, wenn einem live dabei zugesehen wird wie man seine Kollegen verkauft.
Fuer uns Mitglieder und BT9 geht es weiter wie immer. Streiken, Organisieren und jetzt halt auch fuer die Nein-Abstimmung. WIr haben Teach-Ins mit Streikern von anderen Universitaeten und Schulen (Columbia in New York, The New School West Virginias Highschool Teachers). Wir wissen, dass wir mehr wert sind, dass wir Nein sagen koennen und dass wir an Vision B) den Long-Haul Strike glauben. Und das kommt jetzt auch an die Medien, die vorher nur die Fuehrung und Hauptamtliche interviewt hat.
Und UC? Die haben jetzt ein Problem. Zwei ist unser Angebot schon so tief, dass UC auf jeden Fall gewinnt, aber die Deadlines und Pruefungsphase rueckt naeher und wie soll man eigentlich ein neues Semester anfangen, so ohne halbe Lehre, wenn der Streik doch noch bis Januar geht? Ausserdem hat sich die MItgliederbefragung ueber die Chats selbststaendig gemacht und es scheint, dass sich Leute radikalisieren und die Idee vom Long-Haul Strike an Fahrt gewinnt. „One day longer, one day stronge“.
Wie dem auch sei, es geht nicht voran und es ist schon Woche 6. Ein Mediator muss her, persoenlich von Kalifornien Governeur ernannt. Das juckt uns in Merced mittlerweile herzlich wenig, wer streiken will, der streikt und das kann nicht aendern ausser ein guter Arbeitsvertrag. Manche Leute hoeren auf mit streiken, aber wer bleibt hat nichts zu verlieren.
Irgendwann Mitte December kommt dann ein Vertragsvorschlag aus den Untiefen der Mediation: In 4 Monaten 7%, 28k ab October 2023 und 34k ab October 2024, Studiengebuehren fuer Internationals nur in den ersten 2-3 Jahren, ein paar Peanuts und Berkeley, SF und LA bekommen nochmal ein bisschen mehr. Ok, ok – interessiert mich nicht, ich will das JETZT und warum bekommt jemand aus Berkeley oder LA mehr Geld fuer die gleiche Arbeit, und warum kann es keine Krankenversicherung fuer Kinder ueber 12 geben? BT9 ist zu diesem Zeitpunkt schon nicht mal mehr zu den Verhandlungen eingeladen, auf dem vorlaeufigen Vertrag sind nur eine kleine Mehrheit an Unterschriften zu finden. Wir sind zu sehr damit zu beschaeftigt den Streik am leben zu erhalten und Leute zu ueberzeugen mit Nein zu stimmen.
Und jetzt gehts richtig ab. Die Abstimmung ist in der Woche vor Weihnachten, da wo alle Leute nach Hause reisen (ich auch, 30 Stunden Flugchaos) und das Ergebnis gibt es dann am 24.12. Wunderbar, ganz toll, auf keinen Fall bis Januar warten. Denn a) unsere Vertraege gehen ja bis 31.12, da kann man ja zwischen den Jahren noch korrigieren und b) dann kann man ja im slebe Kalenderjahr nicht Strike Pay zurueckgeben und c) je langer wir warten, desto besser organisiert sich die VOTE-NO-Kampagne.
Denn wie es in jeder guten UAW-Gewerkschaft, sind Mailinglisten und Massen-SMS nur den Hauptamtlichen zugaenglich. Und hey, wenn du nur 19k im Jahr verdienst (das sind so ca. 200 Leute von den 36.000 Mitgliedern), dann sind 34k in zwei Jahren 80% Gehaltserhoehung und das kann man so super in eine kleine Nachricht packen und an alle schicken mit dem Satz. „Stimme jetzt fuer ja und bekomme bis zu 80% Gehaltserhoehung“. Hier ist uebrigens eine Website, wie es wirklich aussieht, mit den Rohdaten: https://www.ucmywages.com/dataviz Zum selben Zeitpunkt haben viele NO-Voters ihre Wahlunterlagen auf Arbeitsemails bekommen und nicht privat wie sonst, weil ja so viele Leute in der Woche vor Weihnachten arbeiten und alle BT9 Leute sind auf allen Mitgliedsdatenbanken geworfen worden. Wenn ich das nicht selbst erlebt haette, ich wuerde es nicht glauben. Das war einer der schlimmsten Wochen in meinem Leben, da verliert man doch glatt den Glauben an die Menschheit. Oder zumindest an die Demokratie. Und so kommt es, dass ich an Weihnachten morgens aufwache, mulmiges Gefuehl, erst mal aufs Handy gucken, ob in der Nacht die Auszaehlung bekannt gemacht wurde: Wir haben verloren, der Vertrag wurde ratifiziert.
Nichtdestotrotz, Nein-Kampagnen sind von jeher schwer zu gewinnen, man hat immer Angst das es danach noch weniger gibt. Ein guter Vertrag wird normalerweise mit 90%+ ratifiziert. Wir hatten so 60-40/70-30. Merced und Santa Cruz hatten sogar 75 Nein – 25 Ja. Unser Fazit: Wenn man von Anfang an transparent ist und ordentliche Diskussionen mit allen MItgliedern und dem Bargaining Team hat, dann sind Leute auch bereit laenger zu streiken und glauben daran, zu gewinnnen. Nur leider gibt es auch San Diego, Berkeley, SF und LA mit viel mehr Studis und viel mehr Hauptamtlichen.
Deshalb war mein Weihnachtsgeschenk letztes Jahr, dass ich zwei Jahre auf eine (schon ziemlich gute) Gehaltserhoehung warten muss, die ich dann noch ein Jahr geniessen darf. Ich warte uebrigends immer noch, und muss noch 2 Monate warten. Doch im Endeffekt haben wir vielleicht nicht das gewonnen, was wir verdient haben und was notwendig waere (besonders fuer Leute mit Kindern oder Behinderungen oder Internationals), aber wir Mitglieder mit unseren ‚radikalen‘ Ideen haben doch noch 28k in 34k verwandelt. Wenn auch nicht fuer uns, sondern die Leute, die nach uns promovieren.
HIer sind ein paar der Newsletters von Santa Cruz ‚Comrades‘, die die Zugestaendnisse (Concessions) und den Long Haul Strike kommentieren. Und hier untern gibt es ein paar Memes, die den ganzen Prozess auch noch begleiten. (RnF=Rank and File = normale Mitglieder ohne Positionen, BT =BArgaining Team, UCSD – UC San Diego etc, jede Uni hatte 2 BT Mitglieder, COLA= Cost of Living Adjustment, hier das Konzept das Gehalt 3x Miete sein soll, bargaining=verhandeln).
Die Nachbeben des Streiks sind teilweise sehr heftig gewesen und einiges kommt noch auf uns zu: Manche Doktoranden haben das Verhaeltnis zu ihren Professoren zerstoert, oder wohl eher die Professoren sind sauer auf ihre Doktoranden und setzten sie unter Druck. Manch haben ihre Doktoranden durchfallen lassen und manche Unis (zum Glueck nicht Merced) haben das Arbeitspensum fuer Doktoranden erhoeht. Manche Campusse haben gedroht bekommen ihre Zusatzgehaelter zu verlieren (besonders Berkeley und SF wurden oft mit 40k im Jahr bezahlt und das liegt jetzt bei 34k wie jeder andere auch). Und der Rest von uns wartet auf April, October und 2024 damit wir auch was von unserem Streik haben. Es ist ziemlich schwer motiviert zu bleiben, vor allem wenn man sich noch durch die ganzen Rechtsstretigkeiten von den oben genanten Problemen kaempfen muss. Aber andererseits werden wir in ein paar Monaten wirklich die Gehaltserhoehungen bekommen, die wir brauchen.
Das einzige was noch ein wirklich grosses Problem werden kann: UC hat angekuendigt, unsere Gehaltserhoehungen durch Sparmassnahmen zu kompensieren. Das also weniger Leute eingestellt werden, weil die Professoren uns finanzieren muessen und die Studeiengebueren der Bachelorstudis erhoeht werden, sowie Kurse vergroessert werden. Das ist eigentlich voll unnoetig, UC ist eine offentliche Universitaet, die von Kalifornien finanziert wird, mit Millionen jedes Jahr und unser Gehalt waere nur 1% des Budgets mehr oder so. Anstelledessen hat UC in der ersten Januarwoche 4 Milliarden Dollar in Immobilien investiert. Und das Stiftungsvermoegen (?) der UC ist in den letzen Jahre um Milliarden gewachsen. Aber man kann UC allgemein Verstehen mit einem Zitat der eigenne Websit: „UC Assents grow by $38 billion in 2021 to $168 billion, with endowment returning 33.7 percent and pension up 30.5 percent.“ Ich meine, was soll das? Wir sind eine oeffentliche Bildungseinrichtung, kein Bank und Kapitalismus wird das Ende der Menschheit sein.
Unser Vertrag geht bis 2025. Da bin ich noch da, wenn auch hoffentlich im letzten Jahr. Und ich werde alles dafuer tun, das die 2022 Verhandlung nicht noch einmal passiert uns Leute wissen, was passiert ist. Vielleicht bekommen wir da ein BT mit einer Mehrheit, die an Vision B) glaubt. Und die Loesung gegen Sparmassnahmen? Professoren sollen unsere Gehaelter mit Drittmitteln finanzieren, waehrend UC Verwaltung fleissig mit Aktien und Immobilien spekuliert (Fun Fact: UC is der groesste Vermieter in Kalifornien). Die Loesung ist ganz einfach – Professoren brauchen auch eine Gewerkschaft. Wenn Professoren streiken, weil es nicht genug Geld fuer ihre Mitarbeiter gibt, dann steht die Uni wirklich still. Und das wird mein Projekt von jetzt bis 2025 (aber nicht mit UAW). Und wenn wir Doktoranden, Postdocs und wissenschaftlicher Mitarbeiter streiken, trifft es die richtigen in der Verwaltung bestimmt, wenn die Professoren einfach mitmachen.
Post Ende.