Meine erste Reiseerfahrung mit dem greyhound bus war die reinste Katastrophe. Nachdem in San Francisco der Bus um 7 ausgefallen ist, wurde ich auf 10.10Uhr umgebucht, allerdings war der zweite Bus irgendwo kurz vor der Busstation liegengeblieben und kam auch nicht. Nachdem uns dann ein Ersatzbus die erste halbe Stunde bis nach Oakland auf der anderen Seite der Bay gefahren hatte, ging es nach erneuter Wartezeit erst gegen 13uhr los. Nicht ideal, aber ich bin ja auch schon einiges von der deutschen Bahn gewöhnt und solange ich ankomme, ist alles gut.
Als ich endlich auf dem Weg richtig Sierra Nevada war, konnte ich einen kurzen Blick auf die Golden Gate Brigde werfen, in San Francisco ist es allerdings wohl häufiger neblig, sodass nur die oberste Spitze der Brücke zu sehen war. Nichtsdestotrotz ein schöner Anblick.
Nach ein paar Stunden fahrt hatten wir auch Sacramento hinter uns gelassen, das Gelände war sehr staubig und vertrocknet, mit Ausnahme der alle paar Meilen an der Interstate gelegenen riesigen Farmen, auf denen Orangen, Äpfel und anderes Obst wächst. Jetzt bekam ich auch endlich mit, dass Sierra keineswegs Wüste bedeutet, wie ich es immer gedacht hatte, sondern Bergkette und wir überquerten die Sierra Nevada (die übrigens hauptsächlich in Californien liegt). Die Berge sahen ganz anders aus, nicht wie die Alpen sondern relativ gelb und rund, ihr könnt es ja auf dem Foto sehen, da waren wir etwa bei 2000m Höhe. Der Pacific Crest Trail geht auch direkt durch die Berge, der Bus muss ihn irgendwo kurz vor der Stadt Truckee gekreuzt haben. Wenn man sich die Hitze im Sommer und die Lage im Süden der USA vor Augen führt, kann man eigentlich kaum glauben, dass hier im Winter der Ski-Tourismus boomt. Ich hoffe ja sehr, dass ich einmal in den Bergen wandern kann.
In Reno angekommen holten mich Bunny und Jamie, zwei meiner Mitbewohner ab und da es schon echt spät war, viel ich auch sofort ins Bett. Mein Zimmer ist bis auf eine Matratze noch komplett leer, Kommode und Schreibtisch sind bei IKEA bestellt und werden (hoffentlich) morgen geliefert.
Auch an Essen hatte ich noch nix und zum Glück wurde ich am nächsten Morgen von Jamie und seinem leckeren Banana Bread gerettet. So konnte ich mich gleich morgens auf den Weg zur Uni machen, denn ich muss mich noch von einem ‚Advisor‘ beraten lassen, bevor ich mich für meine Kurse einschreiben kann.
Die Uni ist übrigens genau so, wie man es sich aus einem der Amerikanischen Filme vorstellen kann. Es gibt viele majestätische Gebäude und alles ist sehr sauber. Der Campus hat Wohnhäusern und ein Parkhaus für die Autos der Studenten, es gibt in unmittelbarer Nähe extrem viele Fraternitys und Sororitys mit ihren (teils heruntergekommen) Verbindungshäusern und überall ist der Wolf Pack Pride (der Wolf ist das UNR Maskottchenn) zu sehen.
Das hier links ist das Bauingenieurgebäude. Wie auch an der TU auf der Beyerbauwiese zu sehen, haben sich hier ein paar Leute vor der Eingang mit Beton ausgetobt. Ehrlich gesagt sieht es auch hier nicht mehr allzu stabil aus.
Die Stadt Reno ist nicht viel älter als 150 Jahre, ursprünglich wurde eine Brücke über den Truckee River gebaut, damit die Siedler schneller über die Sierra Nevada und nach Californien kamen, als dann auch südlich von Reno Silber gefunden wurde und die Pacific Railroad Haltestelle dazukam, wurde schnell eine große Stadt daraus. Mit der Legalisierung des Glückspiels und der Schnell-Ehe sowie Schnell-Scheidung ist Reno dann auch noch nach dem Ende des Bergbaus groß geblieben. Heute gibt es auch noch viele Casinos, die man ansatzweise auf dem Foto sehen kann. Reno ist sozusagen ein kleines Las Vegas, der Werbespruch der Stadt lautet dementsprechend ‚The biggest little city in the world‘
Was die meisten von euch wahrscheinlich brennend interessiert ist meine Wohnsituation: Wie vielleicht einige schon wissen, habe ich 4 Mitbewohner:
Jamie: der Chef was Miete und Putzplan angeht, außerdem Chemiestudent mit Lehrerambitionen und großer Musikfan (er war wohl auch mal beim Campusradio)
Victor: mit ihm habe ich noch nicht so viel geredet, er ist aber absolut schwul und scheint das richtig zu zelebrieren. Nunja, wenn die meisten Leute um einen herum denken, man wäre vom Teufel persönlich verhext, kann man wohl nicht anders, als das Haus mit regenbogenfarben Flaggen zu dekorieren. Wir hoffen allerdings, dass die Nachbarn uns das nicht allzu übel nehmen. Denn
Presley: ist lesbisch und damit auch ein Feind der Amerikaner. Aber viel wichtiger, auch die Besitzerin des Hauskaters. Leider habe ich schon wieder vergessen, was sie studiert. Und zum Schluss wäre da noch
Bunny: Sie hat chinesische Vorfahren und kocht gerne mal asiatisch und scharf, studieren tut sie Womens Studies und Geschlechtergerechtigkeit oder etwas in der Art. Ich kann mir darunter noch nichts vorstellen, allerdings ist sie immer gut drauf und hat ständig lustigen Besuch da.
Mein Zimmer ist größer als ich erwartet habe, ich habe sogar einen Mini-Begehbaren Kleiderschrank. Fotos gibt es aber erst, wenn die Möbel da sind. Was den Hauskater angeht, sein Name ist Leland; wir haben uns schon angefreundet und ich hab ihm erklärt, dass er nicht auf meine Matratze darf. Das klappt auch relativ gut, manchmal habe ich das Gefühl, Leland ist mehr Hund als Katze, vor allem weil er ständig schmusen will und einem immer um die Füße rumwuselt. Ich habe noch keine Minute erlebt, in der der Kater einfach mal in der Ecke geschlafen hat, stattdessen maunzt er sobald wir das Haus verlassen und sitzt dann da, bis wir wieder da sind. Und er geht nie in die Küche, außer es ist einer von uns Menschen da.
Mittlerweile war ich auch schon einkaufen, ich habe ungefähr zwei Stunden gebraucht, um mich im Supermarkt zurechtzufinden. Am Ende hatte ich eine Dose Müsli, O-saft, Milch, Brot, Käse und ein bisschen Obst und Gemüse in meinem Korb, aber hey- vor dem Supermarkt hatte ich tatsächlich am meisten Angst. Es war auch etwas seltsam, die ganzen Preise umzurechen und zu kalkulieren, was man bei den Maxipackungen spart und ob man sich zutraut diese alle zu machen, bevor sie schlecht werden. Oder wenn der Kiri-Käse mit laughing cow betitelt wird. Und der Moment in dem man realisiert, dass der Preis für Pfirsiche mit 2,99$ nicht günstig ist, weil er sich auf ein Pfund und nicht ein Kilo bezieht. Oder wenn man an der Kasse so komisch angeguckt wird, weil man seinen Einkauf in mitgebrachte Beutel und seinen Rucksack packen will, uns das auch noch selbst! Am Ende habe ich sogar vergessen die ganzen tollen Süßigkeiten (Peanutbutter-Cups, Twizzler, Hersheys etc) zu kaufen.
Das muss ich dann einfach beim nächsten Mal erledigen.