Yosemite und ein bisschen Stress

Hallo alle zusammen und erst einmal eine Entschuldigung vorweg, dass ich so lange nicht geschrieben habe. In den letzten Wochen hat das zweite Semester geendet, ich bin super gestresst gewesen, weil ich im August umziehen muss und ich war mit ein paar Freunden wandern und campen.

Zuerst vielleicht ein Update warum ich umziehen muss. Die USA haben im allgemeinen keinen regulierten Mietmarkt, die einzige Regel die es gibt, ist dass commerzielle Multi-Unit-Dwellings (sprich Apartmentskomplexe) die Miete maximal 10% im Jahr erhöhen dürfen, und dass gilt auch nur in Kalifornien. In Merced gitb es zu wenige Wohnungen, weil viele Studenten in die Stadt ziehen und die Uni seit ihrer Gründung im Jahr 2005 stetig wächst. Deshalb haben viele reiche Leute aus San Francisco neue Häuser mit 5 oder 6 Zimmern gekauft und vermieten diese an Studenten als Investition. Mit der Miete wird dann das Haus abbezahlt. Das ist natürlich schlecht, weil total unreguliert, große Nachfrage und fast keine anderen Wohnungen oder Apartments durch die Uni oder den Stadtrat gebaut oder gefördert werden. Zusätzlich ist es in den USA üblich, 12-Monats-Mietverträge abzuschließen. Und wenn man den neuen Preis nach einem Jahr nicht beazahlen will, oder der Vermieter einen nicht leiden kann, weil man sich eine Katze angeschafft hat oder den Vorgarten nicht regelmäßig gegossen hat, dann wird einfach kein neuer Vetrag aufgesetzt. Das hat sich bei mir angedeutet, wir haben eine Mieterhöhung von 20% angekündigt bekommen ($330), was wir einfach unverschämt fandet, auch weil Molly ihren Abschluss gemacht hat und wahrscheinlich nach ein paar Monaten für ihren neuen Job umziehen möchte. Weil aber 12-Monats-Vertrag mit Untervermietverbot (auch üblich), müsste Molly die restlichen 6 bis 9 Monate bezahlen, ohne hier zu wohnen. Deshalb haben wir beschlossen, dass Molly und Corey sich ein Zimmer mit Monat-zu-Monat-Vertrag (kann jeden Monat von beiden seiten gekündigt werden) suchen, Patrick vorerst sein Kinderzimmer in Sacramento reaktiviert (wo er sowieso 3 Tage in der Woche ist, weil seine Band in der Region Auftritte hat) und ich mir ein neues Zimmer in einem anderen Haus suche (für 12 Monate, danach wahrscheinlich wieder das gleiche Spiel).
Das hat mich die letzten Wochen super gestresst, weil man echt viel Konkurrenz hat, ich immer noch keine Credit History (amerikanische SchuFa Auskunft) und mein Auszugsdatum (August) schon feststeht. Aber gute Nachrichten, ich habe heute eine Email mit einer Zusage für ein Zimmer in einem neuen Haus bekommen – gleich um die Ecke und sogar mit eigenem Badezimmer und begehbarem Kleiderschrank, groß genug für Patrick und mich und mit einer viel schöneren Küche – allerding für happige $900 und der Garten hat noch kein Gras, zum Glück mit allen Nebenkosten und Internet inbegriffen.

Tja, das hat mich erst einmal am meisten beschäftigt, obwohl auch noch eine ganze Menge andere Sachen passiert sind. Mein Semester ist vorbei und ich habe fleißig an meiner ersten Publikation gearbeitet – ein Review Paper (Literaturrecherche) zur Rolle von Klimadaten und Klimawandel im Process von Planung und Dimensionierung von Infrastruktur. Ich habe nach Beispielen für erfolgreiche Umbauten und Planungen von Städten gesucht, die zukünftige Extremhochwässer und lange Trockenphasen oder große Stürme in ihrer Planung berücksichtigen. Spoiler, ich habe sehr wenig gefunden – es scheint, dass die DIN Normen und internationale Standards zum Planungsprozess dringend aktualisiert werden müssen. Momentan wird teils mit Jahre alten Regendaten gearbeitet, die sogar jetz nicht mehr aktuell sind. Zu Ostern waren Patrick und ich in San Francisco, wir haben lecker Tacos gegessen, uns die Golden Gate Bridge angesehen und Patricks Band hat am Karfreitag in einer Bar gespielt (dafür, dass die USA ständig ihr ‚under god‘ uund ‚god bless‘ betont, geht es hier ganz schön unchristlich ab).

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein paar Wochen danach waren wir als Tagesauflug im Yosemite wandern und mal wieder meine Lieblingswasserfälle angucken.

 

 

 

 

 

 

 

 

Und ich habe einem alten Opi auf Craiglist (ebay Kleinanzeigen) sein komplettes Windsurfkit abgekauft, für $150. Ich hab es zwar noch nicht ausprobiert, aber schon mal probehalber aufgebaut. In der Bayarea und dem Delta des American River (zwischen Sacremento und San Francisco) sind ideale Bedigungen und nicht wenige Geschwindigkeitsrekorde werden hier aufgestellt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Außerdem werde ich im nächsten Jahr eine neue Kollegin haben, die aus Syracuse (State New York) nach Merced zieht. Darauf freue ich mich schon besonders, endlich jemanden, der mit mir in meinem kleinen Büro sitzt. Nächstes Semester werde ich auch nicht mehr unterrichten, sondern direkt von der Uni und ich kann an Projekten arbeiten. Darauf freue ich mich schon besonders, ich werde warscheinlich mit einer Studentin aus einer anderen Forschungsgruppe eine Ökobilanz zu Solarzellen über Bewässerungskanälen aufstellen. Außerdem habe ich ein neues persönliches Project – ich möchte Sensoren testen, die Fahrräder zählen und gucken, ob diese Sensoren auch erkennen können, ob es ein Elektroscooter oder Fahrrad ist. Damit kann ich messen, wie oft Elektroscooter Fahrradwege benutzen, wie schnell die Scooter im Vergleich zu Fahrrädern sind und ob man der Stadt vielleicht empfehlen sollte, eine Extra-spur für die Scooter zu haben. Es gibt hier tatsächlich einige Leute mit den Scootern und es scheinen auf jeden Fall mehr zu werden. Diesen Sommer möchte ich einen Antrag auf Förderung stellen, damit ich ein bisschen Geld für die Sensoren bekomme.

Abgesehen von Uni und Forschung haben ein paar Freunde und ich vor zwei Wochen einen Trip in den Yosemite Nationalpark gemacht, Zelten und Wandern. Ich habe zum ersten Mal die riesigen Sequoia-Bäume gesehen (Redwood Trees), die echt beeindrucken sind, aber irgendwie komische Spitzen haben. Als ob der Baum aus Versehen aufgehört hat zu wachsen ohne eine ordentliche Baumkrone auszubilden. Einer der anderen PhD Studenten forscht an Waldbränden, die durch Blitzeinschläg ausgelöst werden (ca. 70% der US Waldbrände) und hat uns während des Wochenendes super interessante Sachen erzählt. Anscheinend ist es in Californien vor zweihundert Jahren üblich gewesen, regelmäßig kontrollierte Brände durchzuführen, was die indigenen Völker auch gerne immmer noch machen würden und tatsächlich seit Januer diesen Jahres keine Straftat mehr ist. Die Wälder in der Sierra Nevada brauchen Feuer, weil sich die Tannenzapfen der Sequoias sonst nicht öffnen und keine neuen Riesenbäume wachsen. Die Rinde der Sequoias ist außerdem so stark, dass die Bäume auch mittlere Brände überleben. Wo die Rinde aufgebrochen ist, kann man das Schwarz der Feuer sehen, die vor vielen Jahren den Wald gesäubert haben. Denn wenn der Wald regelmäßig brennt, wird das Unterholz abgefackelt und dem Ökosystem geht es im allgemeinen besser. Da in den letzten Jahren Feuer mit aller Macht unterdrückt wurde, haben die wenigen Ausbrüche zu viel Brennstoff, die Bäume stehen zu dicht und es gibt viele Kronenfeuer, die die Bäume töten und nicht zu kontrollieren sind. In Kombination mit vielen Städten, die in Waldgebieten gebaut werden gibt es sehr gefährlich une explosive Situationen die jährlich Menscheleben fordern und hunderte von Häusern abbrennen. Fire Season ist normalerweise von September bis Oktober, nachdem der Sommer den Wald ausgetrocknet hat. Ab November bis April/May regnet oder schneit es viel und der Wald fängt selten Feuer. Unglücklicherweise ist durch den Klimawandel und die lange Trockenheit jetz Fire Season von Juni bis Dezember. Das Problem ist trotzdem durch den ‚Feuerschutz‘ verstärkt worden und viele Professoren und Stammoberhäupter der indigenen Stämme des Yosemite Parks wollen die Vorgehensweise der Politik ändern und mehr zündeln. Ich bin auch voll dafür, die kontrollierten Feuer sind meistens nur am Waldboden und als ich 2018 das erste Mal im Yosemite bin, bin ich sogar durch eins der Feuer durchgefahren (durch Blitzschlag verursacht, aber unter kontrolle gebracht und dann brennen gelassen), man konnte am Hang überall kleine Lagerfeuer sehen, das war schon ziemlich cool.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zum Schluss habe ich noch ein paar Bilder für euch. Letzte Woche hat meine Gruppe aus einem meiner Kurse den Schulgarten für die Grundschule südlich von Merced fertig-gebaut, wir haben fast 250cubic feet (7m³) Erde in die Hochbeete gefüllt und automatische Bewässerung gelegt (das war ziemlich cool, ich will auch unbedingt eien Garden haben, wo ich Sachen anbauen kann). Im Moment haben Patrick und ich uns nur einen haufen kleine Zimmerpflanzen und zwei Chili-Pflanzen angeschafft, die Fachhochschule in Merced bietet Gärtnerausbildung an und verkauft jedes Jahr für einen kleinen Obulus alle Gewächshauspflanzen, die die Studenten und Azubis das Jahr über wachsen lassen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Außerdem habe ich heute am Wochenende mit den anderen Mitgliedern der Merced Bicycle Coalition eine Fahrradrundfahrt durch Merced mit dem Bürgermeister gemacht. Wir haben das lange geplant, aber leider muss ich sagen, dass der Bürgermeister von Merced ein totaler Vollidiot ist, der hat uns überhaupt nicht ernst genommen und ständig angehalten um zu telefonieren oder ist einfach um die nächste Ecke verschwunden ohne zu sagen warum und wir und unsere Teilnehmer mussten auf ihren warten. Aber die Tour war sehr schön, es waren nur 22 Grad und ein paar kleine Kids waren dabei, es gab Snacks und Drinks umsonst und für die Kids gute Helme. Ich habe mich auf einen Platz im Fahradkommitee der Stadt beworben (es sind grade 4 von 10 Plätzen unbesetzt). Ich hoffe, dass ich trotz meines Ausländerstatus ein stimmloses Mitglied sein darf und den Leuten gehörig meine (professionelle) Meinung geigen kann, wenn man wieder ein Fahrradweg Parkplätzen weichen soll. Es ist wahnsinn, das so was überhaput passiert, in Europa und auch in großen US Städten ist es doch genau andersrum, das macht mich ziemlich wütend.

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